Chronik

 

Seit 1839 läßt sich nun ein Blasorchester in Wiedergeltingen nachweisen. So vermekrt der Pfarrer Augustin Nieberle am 30.9.1839 in einer Inventarliste nicht nur die im selben Jahr für 400 Gulden angeschaffte neue Orgel, sondern auch wohl schon länger vorhandene Blasinstrumente, nämlich zwei Trompeten mit Mundstücken, zwei „Musikwaldhörner“ und zwei Pauken mit „Kupfernen Gefäßen“. Sinnigerweise beschreibt er den Zustand der Musikinstrumente als „Mittelmäßig“.

Die gleichen Instrumente finden sich auch in den Inventaren von 1842 und 1845. Das Inventar von 1865 führt neben den benannten Instrumenten bereits weitere C- und Es-Trompeten, ein Flügelhorn, ein Baßhorn und eine Baßposaune auf. 1859 waren zudem zwei Klarinetten angeschafft worden, wobei der Pfarrherr akribisch die jeweiligen Anschaffungspreise vermerkte.

Dass in diesen Jahren die Instrumente bei kirchlichen und weltlichen Feiern auch erklangen, zeigt die Niederschrift des damaligen Brauereibesitzers Josef Ritter. So spielten von 1865-1871 im Sommerkeller nicht nur Militärmusiker, sondern auch Laien, damals recht deutlich „Dilettanten“ genannt. Die Chronik die im übrigen eine Fülle von Einzelheiten über das gesellschaftliche Leben des Dorfes enthält, erwähnt teilweise sogar die Stücke, die zur Aufführung gelangten. Im Bericht von 1871 zählt Josef Ritter die Namen von einzelnen Musikanten auf, nämlich einen Trompeter Peter Mörle – „Ökonom in Wiedergeltingen“; ohne Berufsangabe erscheint der Posaunist Peter Ledermann. Der Sommerkeller war damals auch der Treffpunkt der besseren Kreise aus der Nachbargemeinde Buchloe. Die Honoratioren reisten mit Kind und Kegel mit der königlichen Eisenbahn nach Wiedergeltingen, wanderten dann zum Sommerkeller, wo sie den Musikproduktionen lauschten. Ab und zu wurde auch das Tanzbein geschwungen. Einmal wurde sogar die Erstürmung einer Festung aus dem Krimikrieg nachgestellt. Ein zünftiges Feuerwerk durfte dabei nicht fehlen. Auch Vorkommnisse gab es: So wurde dem Dorfpfarrer nach einer fröhlichen Feier zum „wiederholten Male“ die Fensterscheiben eingeschmissen, was die Lokalpresse mit Entrüstung vermerkte. Unglücklicherweise war dem damaligen Chronisten und sämtlichen Beteiligten vollkommen klar, welche Musiker jeweils aufspielten, denn in den entsprechenden Zeitungsanzeigen werden zwar regelmäßig Besonderheiten, wie z.B. ein Wurstschnappen angesprochen, jedoch nicht der Namen der Kapelle. Es darf jedoch angenommen werden, dass an Sonntagnachmittagen die einheimischen Bläser und Streicher beim Sommerkeller spielten.

 

1904 gründete der Straßenaufseher Konrad Brendel eine Blaskapelle, der u.a. der spätere Bürgermeister Daniel März, Thomas Ferg, Gottlieb Heider, Adelbert Scherer, Josef Schmid, Josef Starkmann, Xaver Thoma und Alois Wetzler angehörten, Später treten noch Franz Scherer und Martin Falger bei.

 

1911 rief Konrad Brendel eine Knabenkapelle in Leben. Die Stammkapelle übernahm Hans Obermayer, Buchloe.

 

Bald machte der 1.Weltkrieg allem frohen Musizieren ein Ende. Zwei Musiker – Georg Brendel, ein Sohn des Gründers, und der Posaunist Xaver Thoma – fielen im Krieg.

Nach dem Weltkrieg war es Pankraz Brendel, der erneut Musiker um sich scharte. Unter seiner Führung entstand eine tüchtige Landkapelle mit ca. 20 Mann. Bei Beginn des 2. Weltkriegs wies die Kapelle folgende Musiker auf:

Pankraz Brendel, Johann Brendel, Konrad Brendel, Benedikt Dauner, Kajetan Dauner, Martin Falger, Josef Jäckle, Johann Kugelmann, Otto Kugelmann- den späteren 1.Vorstand und Ehrenmitglied, Josef Menhofer, Thomas Riederer, Ignaz Schmid, Josef Schmid sen. Und jun., Willi Schilling, Josef Starkmann, Georg Unsin, Josef Unsin und Alois Wetzler. Aus dem Kreis der Musiker entstand auch ein kleines Streichorchester, das insbesondere Gottesdienste umrahmte. Bis 1945 hemmte dann der 2. Weltkrieg jegliches Musizieren.

 

Nach dem 2. Weltkrieg trat zunächst eine Tanzkapelle auf. Sie wurde von Pankraz Brendel geführt und bestand vor allen aus heimatvertriebenen Ungarndeutschen.

Im Laufe der Zeit wuchs in der Dorfgemeinschaft wieder das Bedürfnis nach einer Blaskapelle. Es waren junge, dem Schulalter kaum entwachsene Kräfte, die 1954 unter Stabführung von Pankraz Brendel mit Unterstützung des 1993 verstorbenen Josef Jung ihre ersten Schritte in das Reich der Musik machten.

Ab 1958 übernahm der spätere Bundesdirigent des Allgäu-Schwäbischen-Musikbundes Anselm Holzhey aus Buchloe die Kapelle. Er erwies sich als Glücksfall für Wiedergeltingen. Er schuf einen sehr guten Grundstock für den heutigen Musikverein, der damalige 1.Bürgermeister Daniel März setzte sich für eine Vereinsgründung sehr stark ein.

Am 28. Dezember 1958 gründeten 80 Musikfreunde den „Musikverein Wiedergeltingen“. 1.Vorstand wurde der bereits erwähnte, Otto Kugelmann. Als Stellvertreter wählte die Versammlung Hauptlehrer Josef Striebel, der neben seiner erfolgreichen schulischen Tätigkeit lange Jahre als Heimatpfleger des Landkreises Mindelheim tätig war. Bei der Erstellung der Chronik Wiedergeltingens waren ihm die Ausgrabungen der Hallstatt-Gräber in der Wiedergeltinger Flur eine wichtige Quelle. Sein Herz schlug jedoch auch für die Musik und das Theaterspiel. Bereits 1959 öffnete sich der Bühnenvorhang in der damaligen Turnhalle zum ersten Mal. In den Pausen spielte die Blaskapelle zünftig auf.

Seit 1958 gehört die Kapelle dem ASM an. Seit 1959 nahm die Kapelle nahezu an allen Bezirks- und Bundesmusikfesten teil; die dabei erzielten Ergebnisse konnten sich hören und sehen lassen.

Große Verdienste erwarben sich dabei Anselm Holzey, unterstützt vom 2. Dirigent Franz Schneider.

 

1961 erfolgte die Eintragung der Kapelle in das Vereinsregister.

1962 trat die Kapelle erstmals in der erneuerten schwäbischen Tracht, bestehend aus einem grauen Janker, der roten Weste mit 17 Lederknöpfen, einer grauen Lederbundhose mit grau-grünen Wadenstrümpfen und einem grünen Trachtenhut auf.

An den Pfingsttagen vom 9.-11. Juni 1962 war Wiedergeltingen beim Bezirksmusikfest musikalischer Mittelpunkt des Landkreises. 13 Kapellen nahmen am Wertungsspiel teil. Am Pfingstsonntag zog ein bunter Festzug durch das prächtig herausgeputzte Dorf.

Nachdem Otto Kugelmann 1964 zurückgetreten war, wurde 1965 Franz Unsin zum 1.Vorstand gewählt. Von 1966- 1973 führte der aus dem Sudetenland stammende Anton Lein mit großem Einsatz den Verein als 1. Vorstand. 1967 verstarb überraschend Anselm Holzhey. Für kurze Zeit leitete Franz Zak aus Mindelheim die Kapelle, ehe er 1968 von dem Wiedergeltinger Posaunisten Martin Berchtold abgelöst wurde. Berchtold führte die erfolgreiche Tätigkeit fort, bildete Jungmusiker heran und nahm mit beachtlichem Erfolg an den Wertungsspielen des Bezirkes Mindelheim und darüber hinaus teil.

 

Er wurde dabei tatkräftig unterstützt von Franz Schneider (von 1958-1992) Er stellte sein unermüdliches Organisationstalent in den Dienst der Blasmusik und trug wesentlich zum geselligen Leben auf dem Dorfe bei. Unzählige Faschingsbälle und Sommerfeste die er durch seine grenzenlosen Optimismus und seine oft unkonventionelle Ideen prägten. Er ließ auch gegen Widerstände in den eigenen Reihen den alten Bierkeller der Brauerei Ritter wieder zugänglich.

 

In Eigenarbeit bauten die Musiker die historischen Kellerwirtschaft zum schmucken Musikerheim um. Mit allem voran in unermüdlichen Arbeitseinsatz von Erwin Unglert mit seiner Frau. Es wurden schöne Feste dort unter den Kastanien gefeiert auch wenn es wie so oft geregnet hatte.

 

Ein „Bundesmusikfest ehrenhalber“ wurde von ASM Präsident Karl Kling das 19. Bezirksmusikfest in Wiedergeltingen wegen seines Umfangs und der hervorragenden Organisation verliehen. Es fand 22.Juni – 1.Juli 1979 statt und war ein Höhepunkt wo noch lange davon erzählt wurde.

 

1988 übernahm Martin Zettl die Kapelle. Er begann sofort mit der Ausbildung von Jungmusikern. Als organisatorische Grundlage wurde eine Jugendkapelle gegründet.

1990 half der staatlich anerkannte Dirigent und Kapellmeister Roland Mühlbauer als Dirigent, wie er sagte, „aushilfsweise“. Die Aushilfe dauerte bis 1993. Dann übergab Mühlbauer den Taktstock an den jungen Dirigenten Walter Neumann.

 

1994 wurde wieder ein prachtvolles 32. Bezirksmusikfest in Wiedergeltingen gefeiert und damit auch 155 Jahre Musik in Wiedergeltingen. Mit Festleiter Franz Schneider und Vorstand Norbert Radmacher wurde es ein Fest für Musiker. Es half wieder das ganze Dorf mit zum gelingen dieses Festes.

 

         Fortsetzung folgt !

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